Mittwoch, 29. Juli 2009

Bildungsbürgerliche Flachwichsprosa, zweiter Anlauf

Was Wolfgang Hildesheimer an Kurzgeschichten in seinen "Lieblosen Legenden" versammelt hat, ist gut durchdacht, brilliant ausformuliert und geschliffen vorgebracht, das sei neidlos anerkannt.
Wie eitel, gespreizt und gestelzt das Ganze wirkt, steht auf einem anderen Blatt. Ich habe jetzt für den schmalen Band (171 Seiten) für knapp die Hälfte zwei Anläufe gebraucht und bin kurz davor, die Flinte endgültig ins Korn zu werfen, das Buch zu verschenken und einen Haken darunter zu machen.
Nicht, daß ab und zu nicht ein netter Einfall auftauchen würde... aber schon die Namen der Protagonisten (Beispiele, auch wenn es wehtut: Rudolf Westcotte, Hubertus Golch, Marchesa Montetristo und- einsamer Gewinner- Hedwig Wiesendanck)lassen auf am Reißbrett zusammengezimmerte Studienratsprosa schließen, in dem steten Bemühen, Großes zu erschaffen, was man dem Buch auch anmerkt und was aus jeder Zeile mit dem Zaunpfahl winkt. Und das finde ich zutiefst abstoßend.
Grundsätzlich habe ich nichts gegen "höhere Literatur" einzuwenden, und nur dahingeschnodderten Krempel möchte ich auch nicht ständig lesen müssen... aber es muß mich auf irgendeiner Ebene erreichen.
Zum Beispiel tut dies der auch gerne als Erzlangweiler geschmähte Wolfgang Koeppen sehr wohl, dessen "Tauben im Gras" mich tatsächlich in das Nachkriegsmünchen zurückversetzt haben... doch Hildesheimer geht in der Hinsicht komplett an mir vorbei.
Vielleicht müßte ich gebildeter sein, und mich vornehmlich in Akademikerkreisen bewegen, um solche erlesenen Kabinettstückchen angemessen zu goutieren (Jessas, ich muß gleich brechen) , aber das bin ich nicht.
Immerhin: der Klappentext meiner Ausgabe spricht vom "bösen Blick des Satirikers", und daß solche Schoten 1952 noch als "Satire" durchgingen, sagt eigentlich mehr über die Geisteshaltung in der Bundesrepublik der 50er Jahre aus, als wahrscheinlich beabsichtigt war. Somit sind die "Lieblosen Legenden" zumindest faktisch als Zeitdokument von Interesse.
Und jetzt kann ich sie weglegen.

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