Mittwoch, 16. Dezember 2009

Der Notenexpreß

Auf den Bratwurst- mit- Sauerkraut- Sender SWR 4 einzuprügeln, mit dem ich berufsbedingt folternderweise tagein und tagaus über Deckenlautsprecher vollgedudelt werde, wäre eine dankbare und abendfüllende Freizeitbeschäftigung.
Erstaunlich ist nur, wie weitgehend schmerzresistent man bei dieser Dauerbeschallung wird; da die Redaktion scheinbar über einen Laptop verfügt, auf dem ca. 75 Lieder Platz finden, die seit Wochen bis zum schieren Hirnriß hoch- und runtergenudelt werden, weiß man sogar schon im voraus, was einem den Tag über zugemutet wird und begrüßt den einen oder anderen Song bereits wie einen alten Kumpel.
Manchmal läuft sogar gediegene englischsprachige Musik, entweder bis zum Erbrechen (ABBA), durch letztendlich verdiente Verbannung einzelner Songs aus Popsendern (Gazebo) oder "Scheiße, das hat er nun wirklich nicht verdient" (Johnny Cash).
Spätestens seit Oliver Kalkofe ist es reichlich müßig, mit der Panzerfaust auf Ziele zu schießen, die nicht einmal ein Blinder auch nur eine Handbreit verfehlen würde.
Aber die eine oder andere Feststellung sei doch getroffen: daß die Flippers mit ihren aktuellen Texten durch offensichtlich fortschreitende senile Demenz mittlerweile einen erstaunlichen- wenn auch so nicht beabsichtigten- Unterhaltungswert haben, der sie einem fast wieder sympathisch macht ("Wenn der Käpten auf den Tresen springt/ und 'La Paloma' singt/ ist für jeden eine süße Braut dabei" [Stern der Südsee]), auch weil es die Frage aufwirft, ob die das tatsächlich noch ernst meinen; daß es Lieder gibt, die sogar in diesem Geschmadder und Geschmeiß aus Rumpeldeutsch und am Reißbrett zusammengeklebten Drecksreimen noch weit nach unten herausragen.
Ein Beispiel: ein Werk mit dem Refrain "Das mit dir/ist unwahrscheinlich tief/ ist stark und intensiv...", was in der Strophe natürlich genauer definiert wird: "Wir haben bei Romeo und Julia geweint/ und bei Stan und Ollie gelacht". Wenn solche tiefgreifenden Lebenserfahrungen zwei geradezu exkrementelle Existenzen nicht zusammenschweißen bis dereinst die Posaunen ertönen, weiß ich auch nicht.
Höhepunkt des Songs ist übrigens ein mit Anlauf eingesprungenes "Yeah, Baby", wahrscheinlich auf ein verabredetes Zeichen des Hausmeisters im Tonstudio dermaßen unspontan herausgewürgt, daß es an den unfreiwilligen Samenerguß eines Pfadfinders gemahnt, der zum ersten Mal in seinem Leben die US- Ausgabe des HUSTLER zu Gesicht bekommt.
Und zuguterletzt: daß man nahezu täglich die Miß- Piggy- Stimme einer ehemaligen Kommilitonin Regionalnachrichten verlesen hört, als stete Erinnerung daran, welch großartige Idee es war, vor Jahren das Journalismusstudium abzubrechen, auch aus berechtigter Angst davor, irgendwann ebenda zu landen.
Wenn ich gerade dabei bin, dann darf ich mir sicher was wünschen, oder?
Bitte "Rufe Teddybär Eins- Vier" von Jonny Hill auf "Heavy Rotation" setzen. Es würde mir so manchen Tag retten.
Danke im voraus.

2 Kommentare:

  1. Sebastian Spitzner18. Dezember 2009 um 15:58

    so true Stefan :D...
    übrigens lief heute morgen dein lieblings christmas song auf der station.. du weißt welchen ich meine :D habe den namen vergessen grade...
    heute abend ca 23 uhr ist kino am start... schreib mir mal ob das bei dir klar geht..

    mfg

    Sebastian

    AntwortenLöschen
  2. "Mistletoe And Wine" von Cliff Richard?
    Oh Hölle, oh Elend, oh Finsternis.

    Kino hat nicht geklappt, war bei Bohren und der Club Of Gore.
    Mehr dazu in Kürze.

    AntwortenLöschen