Montag, 18. Januar 2010

Nachgetreten, aber mit Schmackes

Irgendwann (es mag wohl gegen Ende der 90er gewesen sein) begegneten mir ständig Menschen, die den Franzosen Philippe Djian für den größten lebenden Schriftsteller hielten.
Ich weiß nicht, warum. Kollektive Hypnose? Die zersetzende Kraft des Feuilletons? Gehirnwäsche in geheimen Versuchszentren der Regierung? Oder steckten gar die Illuminaten dahinter?
Zudem ich auf irgendeiner Party tatsächlich einem Verlagsmenschen begegnete, der versuchte, mir beizubringen, daß jegliche Literatur vergangener Zeit überhaupt nicht mehr von Belang wäre, da sie zur heutigen Zeit ja keinen Bezug mehr hätte, und man sich doch bitte an die Literatur der Gegenwart zu halten habe, insbesondere Philippe Djian.
Es ist natürlich überflüssig zu erwähnen, daß die Diskussion dann noch eskalierte, woran ich sicherlich nicht unschuldig war; aber solange solche Scheuklappenträger tatsächlich etwas zu melden haben und an Literatur Coolheitsmaßstäbe anlegen, die sie sich selbst nach dem Bongrauchen von der Tapete gekratzt haben und deswegen ein gutes Buch nicht mal erkennen, wenn ein Halogenstrahler darauf gerichtet ist und auf dem Umschlag der mit Edding geschriebene Hinweis "GUTES BUCH" prangt, braucht man sich nicht zu wundern, daß es da draußen noch genug talentierte Autoren gibt, die jahrelang vor sich hinschreiben, ohne jemals einen Verlag zu finden.
Tatsächlich schenkte mir ein damaliger Freund quasi aus dem Nichts (die unheimliche Riege zu komplettieren) zum Geburtstag "Erogene Zone" von Djian, der ja seitdem noch gefühlt drölftausend andere Bücher vollgeschrieben hat, und ich habe es auch mit dem Vorsatz, unvoreingenommen heranzugehen und es möglichst gutzufinden (eine Unart, die von ungewünschten Geschenken von Freunden extrem gefördert wird) gelesen.
Wie ich nun darauf komme?
Ich habe heute mein Bücherregal umgeräumt und aus Platzgründen einiges abscheuliches verbannt (den in einem früheren Eintrag erwähnten Hildesheimer, beispielsweise, und das ebenfalls reichlich grausige "Satan in Goraj" von Isaac Bashevis Singer... das gnadenlos überschätzte, hölzern zusammengezimmerte und mit reichlich dämlicher Handlung ausgestattete "Parfüm" von Patrick Süskind rauschte schon früher in den Orkus. Ich möchte das auch hier im Blog nicht unerwähnt lassen), und da hielt ich es in der Hand: "Erogene Zone" von Philippe Djian.
Prompt fiel mir eine Kritik ein, die ich kurz nach dem Lesen in einem anderen Forum gepostet habe, und ich möchte sie hier wiedergeben.

Das war er also, der heißeste Scheiß der 80er: Philippe Djian schreibt über Philippe Djian, wie er ein Buch schreibt. Und während er das Buch schreibt, erlebt er allerlei verwegene Dinge: er vögelt einige Frauen, wobei dann die EINE dabei ist, an der er wirklich hängt, seine Nina, von der er sich zweimal trennt und mit der er am vermeintlichen Happy End wieder zusammenkommt, wird mit seinem schwulen besten Freund von ein paar Dorfassos verprügelt, erlebt Eifersuchtsszenen mit dem Freund einer 18jährigen, die eine zeitlang bei ihm Unterschlupf gefunden hat, und fährt in der Gegend herum..
Dazwischen hat er allerlei damit zu tun, sein Buch zu schreiben, das ihn quasi in seinen Klauen hat, bis mit der Beendigung desselben auch ein Akt der Selbstreinigung stattgefunden hat. So weit, so schlecht.

Es ist ein Buch wie ein One- Night- Stand: durchaus flott wegzulesen, ein angenehmer Zeitvertreib, aber wenn alles vorbei ist, fragt man sich, ob es wirklich nötig war, auch wenn man durchaus kurzzeitig seinen Spaß hatte. Fazit:
Muß ich es mir wirklich antun, streckenweise zum Dreinschlagen verleitendes selbstmitleidiges Geseiere über die Qualen eines Schriftstellers anzuhören, und das von einem Typen, der in Südfrankreich in einem Haus lebt, einen alten Amischlitten fährt, monatlich einen Scheck von seinem Verlag erhält, der ihm zum Leben reicht (immerhin muß er in der Mitte des Buches sogar mal arbeiten, der arme Kerl... er hat es wirklich schwer), alles vögelt, was nach einem lauten "HÜA" nicht schleunigst das Weite sucht, sich mit allem möglichen die Vorhänge zuzieht und sein Schriftstellerdasein, eine Art Seelen- und Geistesverwandtschaft reklamierend, an einer Stelle des Buches mal nebenher mit Céline und Bukowski vergleicht, ohne deren Intention scheinbar auch nur ansatzweise begriffen zu haben? Der ständig irgendwelche Episoden beginnt, die dann ziellos im Sand verlaufen (und das dann ebenfalls geschickt damit entschuldigt, daß im Leben ja alles zufällig abläuft)? Der die ganze Zeit von seinem Buch schwadroniert, ohne näher darauf einzugehen?
Djian ist ein Blender. Hätte er die Konsequenz besessen, seinen Möchtegernbukowskismus abgebrüht darzustellen, hätte man das Ganze noch mit einem Grinsen durchwinken können, dann wäre er wenigstens ein richtiges Arschloch gewesen (eben so, wie Céline eines war), und trotz seines schreiberischen Unvermögens irgendwie "authentisch". Aber dafür, daß er versucht, mir seine pomadige Existenz als die große Einsamkeit des Schreibers zu verkaufen, gehört ihm "Erogene Zone" um die Ohren gehauen.
Dieses Buch ist ein Scheißhaufen vor dem Herrn. Aber etwas Gutes hatte es doch: eine Frau hielt mich damals für einen coolen Typen, als sie das bei mir ungelesen rumstehen sah. Ob es das aber letztendlich wert war, sei mal dahingestellt. Immerhin habe ich den Quatsch dafür komplett fertiggelesen. Nun sind wir quitt, Djian.


Jaja, so war das damals, und ich möchte keine kostbare Lebenszeit mehr damit verschwenden, auch nur noch eine Seite von diesem Schwachkopf zu lesen.
Manchmal mag es notwendig sein, sein Terrain klar und deutlich abzustecken. Ich schätze, das hab ich hiermit getan:

fick dich, Feuilleton, fick dich, Verlagshipster, fick dich, Djian.

5 Kommentare:

  1. Yeah, yeah, yeah! Kill your darlings!

    Aber: An Ninas muss man einfach hängen, is klar. Da hatter schon recht, der Dijan. ^^

    AntwortenLöschen
  2. Weißt du, was lustig ist? Ich dachte jahrelang, der Typ heißt "Dijan", und habe das nicht nur automatisch auf Buchumschlägen gelesen, sondern sogar teilweise von Leuten gehört, die von ihm sprachen... scheint ein sehr verleseträchtiger Nachname zu sein, wahrscheinlich wegen "Dijon- Senf".
    Aber er heißt tatsächlich "Djian", der Idiot.
    Soviel Korinthenkackerei muß sein. ;-)

    AntwortenLöschen
  3. Dijan ... Djian? Erwüscht. Und ich fahre auch noch Trittbrett. Holy Moly... ;))
    Darauf n frisches Weizen. Skål. Senf gabs bereits am Mittag zum Saumagen. Yeah. Ich liebe es, Klischees zu bedienen.
    Kill your idols! Ha!

    AntwortenLöschen
  4. "Holy Moly", Weizen, Skal: würde ich nicht glauben, es besser zu wissen, ich würde denken,mein bester Kumpel hätte sich unter falschem Namen einen Scherz erlaubt.
    Baschd, komm raus, du bist ertappt. :-D

    AntwortenLöschen
  5. Nein, ich bin wahrlich ne Frau. (das ist auch gut so!)
    Baschd? Passt... net. ;)

    AntwortenLöschen