Sonntag, 14. März 2010

Georg.

Georg Hornbach traf ich 1996 auf dem Speyer- Kolleg, wo wir auf dem Zweiten Bildungsweg unser Abitur nachholten.
Er war zwei Stufen über mir, wohnte aber ebenfalls im Wohnheim, wo wir uns kennenlernten.
Ein etwas exaltierter Schwuler (mit klischeegerecht abscheulichem Musikgeschmack) in meinem Alter, eine Eigenschaft, die natürlich Stoff für allerlei Witzchen bot, die er mir aber nicht krummnahm, was ich sehr an ihm schätzte. Aber nicht nur das, sonst gäbe es diesen Post nicht.
Nach seinem Abitur ging er ausgerechnet nach Rostock, um dort Agrarökologie zu studieren... wir hielten aber trotzdem losen Kontakt, und nach seiner Rückkehr in die Pfalz war ich auf seiner Geburtstagsfeier.
Eine seltsame Erfahrung, denn abgesehen von einem Mann-Frau- Pärchen war ich scheinbar der einzige Anwesende, der nicht homosexuell war. Das reinste Grenzexperiment.
Man verlor sich danach wieder aus den Augen... irgendwann, es mag vor vier Jahren gewesen sein, besuchte er mich einmal in Karlsruhe, dann vergaßen wir wieder die Existenz des jeweils anderen, plötzlich erschien er auf wkw, wir schrieben uns, dann tauchte er wieder unter.
Eine stete Wellenbewegung, herangespült und wieder weggetrieben, ein Mensch, den man trotz manchem Nervpotential einfach gernhaben mußte, da er sich unverstellt Sorgen um das Wohlbefinden seines Gegenübers machte, wobei er sogar sein eigenes aus den Augen verlor, jemand, mit dem man lachte, trank, tiefschürfende Gespräche führte und sich verstanden fühlte, wenn einem wirklich etwas auf dem Herzen lag, denn er war immer jemand, der anderen mit großer, ungekünstelter Offenheit und positiver Neugier gegenübertrat.

Lachte. Trank. Fühlte. Die Vergangenheitsform.
Die letzte Welle trieb ihn auf das offene Meer hinaus.

Es ist mir egal, was jetzt irgendjemand denkt, es ist mir egal, was ich früher dachte, als ich irgendwelche literarischen Gedenksteine für reichlich überflüssig hielt, denn das hier drängt, das hier will und muß einfach hinaus in die Welt, da jemand nicht einfach vergessen werden darf, während sich alles weiterdreht, als wäre nichts passiert:

Lieber Georg, egal, wo du jetzt sein magst: laß es dir gutgehen. Was Besseres als hier wirst du auf jeden Fall finden.
Es sei dir gegönnt.

2 Kommentare:

  1. Hallo Stefan

    Mein Name ist Nicole und ich bin zufällig (Ich nenne es Schicksal..dazu gleich) auf deinem Blog gestoßen.
    So bald ich deine Geschichte v Georg gelesen habe dache ich direkt an meinem Georg von dem ich sehr lange nichts gehört habe ausser letzter Woche bzw nichts von ihn selber sondern von einem ehemaligen Lehrer vom NTK in Landau.
    Er erzählte mir daß Georg selbstmord begangen hatte. Schock ist kein Ausdruck aber ich bin echt durch einander. Ich hätte gern Infos da mein letzter Kontakt mit ihm war per Email um den 20.12.2009!
    Wir wohnten ca 250km auseinander und haben uns leider nur sporadisch gesehen.
    So wie du/Sie (Oh je ich schreibe jetz einfach mal du ok) über deinem Georrg schreibst denke und kannte ich meinen Georg.
    Könnte es sein dass wir vom selben schreiben (Sein geburtstag war am 13 märz)?
    Ich hoffe ich könnte ein paar Infos bekommen über evtl. die Gründe warum oder wie seine Zeit bevor er sein Schicksal selber in der Hand genommen hatte, war.
    Ich schaue nochmal demnächst hier beim blog vorbei und hoffe auf eine baldige Antwort. Vielen Dank Gruss Nicole

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  2. Ich gehe mal stark davon aus, daß wir vom selben schreiben... Georg stürzte sich in Landau vom Dach eines Hochhauses.
    Ist natürlich schwierig, denn allzuviel will ich hier in der Öffentlichkeit nicht breittreten, und meine E- Mail- Adresse wollte ich hier auch nicht einstellen.
    Eine Kontaktmöglichkeit wäre Facebook, adde mich dort, dann können wir quatschen.

    Gruß Stefan

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