Sonntag, 2. Oktober 2011

2. Slayer: South Of Heaven

(erstmals erschienen am 13.07.2007, erneut veröffentlicht am 02.10.2011)





Erscheinungsjahr: 1988

von mir gekauft: ungefähr 1992, in der Musicbox (R.I.P.), Landau/Pfalz

Trackliste:
1. South Of Heaven
2. Silent Scream
3. Live Undead
4. Behind The Crooked Cross
5. Mandatory Suicide
6. Ghosts Of War
7. Read Between The Lies
8. Cleanse The Soul
9. Dissident Aggressor
10.Spill The Blood


Zu den Interpreten:


Slayer wurde 1982 von Tom Araya (voc, b) und Kerry King (g) gegründet, zu denen dann später Jeff Hanneman (g) und Dave Lombardo (dr) hinzustießen.
Anfangs spielten sie "normalen" Heavy Metal, beschlossen aber recht bald, ihn musikalisch auf die Spitze zu treiben. Ihr Debüt "Show No Mercy" (1983) begründete mit Metallica's "Kill 'Em All" das Genre des Thrashmetal. Auf den Coverphotos posierte die Band noch mit allerlei Leder, Stachelarmbändern und satanischem Unfug und bot blasphemische Splattertexte, die heute samt Outfit eher unfreiwillig komisch wirken, im damaligen zeitlichen Kontext aber eine enorme Provokation darstellten.
Die alberne Kostümierung verschwand auf ihrem nächsten Album "Hell Awaits" (1985), die Texte blieben anstößige Blut- und Horrorexzesse, so daß man schließlich einen Vertrag bei Rick Rubins "Def Jam"- Label unterschrieb, da ihre Plattenfirma das nachfolgende Album "Reign In Blood" nicht veröffentlichen wollte. Was auch kein Wunder war: "Angel Of Death" über den KZ- Schlächter Josef Mengele wurde ein Riesenskandal, und die Bandmitglieder gerieten in den Ruf, Nazisympathisanten zu sein (was Kerry King in dem Fall dazu bewogen hat, mit den vor ihrer Konvertierung zum Buddhismus noch jüdischen Beastie Boys "No Sleep 'Till Brooklyn" einzuspielen, mag sein Geheimnis bleiben).
Nichtsdestotrotz wurde die Platte ein Meilenstein, da sie auch heute noch, mittlerweile 25 Jahre nach ihrem Erscheinen, von beeindruckender musikalischer Härte ist. Oder, für Metalhasser: klingt ungefähr, wie seine Ohren 30 Minuten an eine Waschmaschine im Schleudergang zu pressen, während daneben jemand ab und zu einen Zahnarztbohrer einschaltet.

Anschließend erschienen die erheblich ausgefeilteren Alben "South Of Heaven" und "Seasons In The Abyss" (1990), und allmählich verabschiedete man sich auch textlich vom ganzen Satansquark.
Nach "Live- Decade Of Aggression" stieg Dave Lombardo aus und die Suche nach einem geeigneten Drummer geriet zur Farce.
Paul Bostaph von Forbidden spielte "Divine Intervention" (1994) ein, verlor sich aber beim Versuch, Lombardo zu kopieren, oftmals in wirrem Getrommel.

Vor "Undisputed Attitude", einem relativ umstrittenen Album mit Covers alter Hardcorepunk- Klassiker tauchte kurz der äußerlich eher uncoole Minipli-Mann John Dette von Testament hinter der, Achtung: Schießbude auf, um den Platz kurz darauf wieder für Paul Bostaph zu räumen. So chaotisch und unentschlossen wie bei der Drummersuche präsentierten sich Slayer auch musikalisch:
Am kreativen Tiefpunkt 1998 folgte mit dem "experimentellen" "Diabolus In Musica", einem hilflos klingenden Surrogat aus Slayer ca. 1990 und NuMetal noch dazu ein grütziges Album voll konfuser Quatschmusik. Die Band galt bei weiten Teilen der Gefolgschaft als erledigt.
Umso triumphaler die Rückkehr: "God Hates Us All" (2001) war eine perfekte Synthese aus altem und neuen Sound, und die Band präsentierte sich wieder als Einheit.

Dann mußte Paul Bostaph seinen Job quittieren (offiziell wegen Knieproblemen) und Dave Lombardo kehrte zurück, was 2006 zu dem Album "Christ Illusion" (und dann zum Nachfolger "World Painted Blood"), auf denen die Band partout wieder wie 1986 klingen wollte (was nur bedingt gelang), sowie einem seltsam anmutenden Hype um Slayer führte.
Seltsam deshalb, weil ich kaum eine Band kenne, die stärker polarisiert. Die Grenze zwischen kultischer Verehrung und absoluter Ablehnung war noch nie so dünn.

Zum Album:

a) Slayer und ich


Zuerst einmal stellt sich die Frage nach dem "Warum", führt extremer Metal in den sogenannten "seriösen" Bestenlisten dieser Welt doch eher ein Hinterbänklerdasein und landet meistens Einzelalbenweise in den Top 10 genrefremder Musiker, die damit unter Beweis stellen wollen, welch wilde Kerle sie doch sein können, wenn man sie nur läßt.
Zugegeben, musikalisch ist "Seasons In The Abyss" um einiges besser, und "Reign In Blood" gilt als Meilenstein, der ein Genre revolutionierte. Aber beiden gebührt nicht die Ehre, meine musikalische Entwicklung entscheidend beeinflußt zu haben, wenn auch zunächst nur latent. Und das MUSS erzählt werden, weil dieser Aufsatz ohne diese Geschichte einfach nicht komplett wäre.

1989 fanden Slayer für mich in einem kompletten Paralleluniversum statt. Ich hörte U2, Genesis, Queen und im besten Fall noch die Pogues. Damals las ich noch den ME/SOUNDS und freute mich damals tierisch über die "Reign In Blood"- Rezension vom "Heavy- Fachmann" Andreas Kraatz ebenda, der einen der übelsten Verrisse ablieferte, die ich jemals im ME lesen durfte. (Damals waren die Rezensionen noch in Genres untergliedert, Harald InHülsen machte z.B. den Alternativebereich, Wilfried Dulisch Weltmusik etc.pp.)
Ich zitiere ungefähr aus dem Gedächtnis:
"Wenn die vier Kalifornier ihre Angriffe reiten, biegen sich alle Balken, hat man das Gefühl, eine All- Star- Band aus den Clash, Ramones und den Sex Pistols zum zwanzigjährigen Bestehen von Motörhead zu hören. Dreckig, debil und dekadent sind ihre Urlaute. In dem Zusammenhang etwas von "musikalischer Kompetenz" zu faseln, grenzt an Frechheit." Ergebnis: null Punkte und heute die Erkenntnis, daß der Frischgefönte, der alles, was härter als Helloween war, generell mit einem Stern abwatschte, die wohl legendärste Fehlbesetzung war, die sich der ME jemals auf einem speziellen Posten leistete.
Doch damals hatte es diese Scheißmusik meiner Meinung nach verdient, abgewatscht zu werden, deshalb freute ich mich bei Erscheinen von "South Of Heaven" auch auf den neuen ME, erwartete wieder *, und dann kam Andrian Kreye und gab der Platte deren fünf. Ich war perplex.

Zu der Zeit durfte ich dann auch die Schulart wechseln, vom Gymnasium auf die Realschule, da ich an ersterem die Mitarbeit nahezu komplett eingestellt hatte und meine Zensuren demzufolge recht grandios ausfielen (ein großer Fehler, den ich Jahre später dank dem Zweiten Bildungsweg glücklicherweise korrigieren konnte).
Am Gymnasium gab es ein paar vereinzelte Modemetaller, aber die hörten im härtesten Fall Anthrax, Metallica oder Tankard und waren recht absonderliche Exoten. Die übrigen ca. 90 % der Schüler waren hauptsächlich Nerds oder Bildungsbürgerkinder, denen man das auch ansah, hübsche Jugendliche mit Klassenbewußtsein. Ich war nichts von alledem, obwohl ich mit den geschätzt 3 Punks und den ca. 15 Metallern auch rein gar nichts zu tun haben wollte, da ich damals ernsthaft darüber nachdachte, in die JU einzutreten, was einiges über mich zu jener Zeit aussagt.
Und dann der erste Tag an der Realschule: Kulturschock. Weit und breit nur Kutten, Aufnäher und langhaarige Schnurrflaumträger, die an der Bushaltestelle Marlboro rauchten. Mein persönlicher Alptraum. Was nun?
Es stellte sich heraus, das zwei der wüstesten Typen auch noch bei mir in der Klasse waren... und sie waren beide komplett in Ordnung. Mein Weltbild geriet soweit ins Wanken, daß ich mir von einem Metallerkumpel ein Slayer- Tape auslieh, weil ich mir "das da" einfach mal anhören wollte, um rauszufinden, was denn nun so toll war an dem ganzen Scheißdreck. An dem Tag, an dem ich es in Empfang nahm, fühlte ich mich zum ersten Mal irgendwie rebellisch.
Und dann daheim: erste Kontaktaufnahme. Möglichst heimlich und leise, damit mich meine Eltern nicht für völlig verrückt hielten. Die Feststellung, daß das durchaus was hatte. Immer und immer wieder auf den Opener zurückspulen, in erschreckter Faszination. Und eine Woche später das Tape genauso erschreckt zurückgeben, und das in erster Linie, weil mir das Gehörte irgendwie gefallen hatte, ich damals aber noch viel zu verspießt war, um mir das einzugestehen.

Zwei Jahre später kam dann meine persönliche Punk- Explosion, die ich so bezeichnen kann, da sich die Gräben zwischen den Jugendkulturen unter dem Eindruck dessen, was da plötzlich aus der Kanalisation kroch und mit einem Mal wieder überall präsent war (nach Hoyerswerda hatten es dann auch allmählich die Medien begriffen, was sie jedoch nicht daran hinderte, ihre Sommerlöcher mit Scheinasylanten zu stopfen und sich den Schuh anziehen zu müssen, bei etlichen geistig Minderbemittelten einen Nährboden für Müllparolen bereitet zu haben) wenn nicht unbedingt geschlossen, so doch verkleinert hatten. Man rückte halt unter einem alternativen Banner zusammen, Punks, Metaller, Skater und frühe HipHopper, so daß man- wie in meinem Fall- Slime, die Dead Kennedys, Nirvana, Faith No More, Public Enemy (alles zeitgleich entdeckt) und im Zuge dessen dann auch Slayer hören und sich trotzdem als "Punk" fühlen konnte, obwohl ich strenggenommen nie einer war. Es war eine Zeit der Einigkeit, in der selbst vorher unpolitische Subkulturen Flagge zeigen mußten, denn auf's Maul gab es damals auf den Dörfern für jeden, der zur falschen Zeit am falschen Ort war (sogar ein völlig apolitischer, eher schnauzbartproletiger Metalhead aus meinem Bekanntenkreis kam nach einem Pestilencekonzert in den Genuß, sich mit einem Trupp Neonazis herumklatschen zu dürfen).

So nah standen sich diverse Jugendkulturen vor dem Zeitalter der absoluten Beliebigkeit nie wieder (und lange hielt dieser Zustand auch nicht an, auch wenn er in meiner Generation durchaus nachhallt), und alles war möglich und mischte sich wild.
Und ausgerechnet die politisch unkorrekteste Band der damaligen Zeit wurde zum alles überragenden Soundtrack für mein verändertes Leben. Entgegen der Meinung vereinzelter Leser war ich nie Metaller, bin keiner und werde nie einer sein, trotz meiner Vorliebe für eine handvoll Bands aus dem Genre. Wie es nun aber dazu kam, daß ausgerechnet eine Metalband zu meiner unbestritten absoluten Lieblingsband werden konnte, ist aber hiermit erklärt. Und der Vadder klappt nun das Geschichtenbuch zu und geht nach Hause... nein, noch nicht ganz, denn eines sollte man vor lauter Gelaber nicht vergessen, nämlich

b) das Album.


Was macht den gleichnamigen Opener so faszinierend? Ist es dieses verhallte Gitarrenintro, daß da in Superzeitlupe aus den Boxen kriecht und klingt, als würde es von einer Kirchenorgel gespielt? Diese simple Kindermelodiehookline, die sich bereits beim ersten Hören ins Gehirn einbrennt? Es war ein geschickter Schachzug, nach einem Gemetzel wie "Reign In Blood" das Album mit solch einem Schleicher zu beginnen und jedem, der wieder ein völliges Massaker erwartete, gleich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen, auch wenn sich manche "Fans" gleich mit Grausen abwandten und "Kommerz" riefen. Das Tempo wird stufenweise angezogen, das Riffing wird härter, ohne daß der Song irgendwann komplett das Gas durchdrückt, und es bleibt genug Raum für Dave Lombardos Schlagzeug, der hier Gelegenheit hat, auch voreingenommenen Hörern, für die das Vorgängeralbum unhörbare Foltermusik ist, zu beweisen, daß er zurecht einen Ruf als Ausnahmedrummer genießt.
Allein sein erster Einsatz mit vertrackten Rhythmusfiguren, die mit kurz angerollter Doublebass ausgefüllt werden, wobei sich sein Spiel trotzdem perfekt ins zurückgenommene Tempo einfügt, ist für mich einer der Höhepunkte der Platte. Und gerade, wenn man denkt "Ach, so schlimm ist das doch gar nicht", mündet der Song in einen fiesen Rückkopplungston, der zuerst gehalten wird... tiefer wird... unheildräuend wird... und dann... BANG! Vollgas. Gemetzel. "Silent Scream" prescht aus den Boxen hervor und läßt jedem, der das vorherige Stück gerade noch erträglich fand, vor Schreck die Gehörgänge zuklappen. Ein in irrsinnigem Tempo heruntergedroschener Song, textlich eine (natürlich) wunderbar subtile Auseinandersetzung mit dem Thema "Abtreibung", die bei empfindsamen Gemütern im besten Fall Verständnislosigkeit oder Empörung bzw. Brechreiz hervorrufen dürfte:

"Life preordained
Humanity maintained.
Extraction termination
Pain's agonizing stain.

Embryonic death,
Embedded in your brain.
Suffocation, strangulation,
Death is fucking you insane.

Nightmare, the persecution
A child's dream of death."


Hervorzuheben sind zwei Dinge: zum Ersten mal wieder Dave Lombardo, der durch das Stück galoppiert, immer wieder Breaks einflicht, die dermaßen ausufern, daß der Song kurz davor steht, völlig in seine Einzelteile zu zerfallen, nur um dann punktgenau wieder im Rhythmus zu landen (und bei der letzten Strophe dermaßen die Doublebass verdrischt, daß man sich nur noch wundert... jeder, der das mal auch nur kurz probiert hat, weiß, wovon ich rede), und das unangenehme Auftauchen des absoluten Slayer- Erkennungszeichens, das es auch wohlwollenden Hörern bisweilen schwermacht, die Band rundum gutzufinden: die wahnsinnigen, schmerzhaft grellen, von keiner Melodieführung auch nur angetasteten Zahnarztbohrergitarrensoli von Kerry King und Jeff Hanneman, die immer penibel im Textabdruck angekündigt (Lead: Hanneman, King, Hanneman) und teilweise ausgewalzt werden, bis wirklich kein Fußnagel mehr unaufgerollt bleibt. Mir wischt dieses Festhalten an alten Foltermethoden bis zum heutigen Tag mittlerweile ein Grinsen auf's Gesicht, den ich kenne wirklich niemanden, der diese Soli ernsthaft gutfindet, aber dagegen genug Leute, die der Meinung sind, daß sie "einfach dazugehören, weil sonst etwas fehlen" würde. Und genau so geht es mir auch.
Nächster Song: "Live Undead". Ein Gitarrenriff im Hintergrund, dasselbe noch mal vorne, dann groovt sich das Stück im Midtempo ein (ja, es groovt), Tom Araya singt irgendeinen Schwachfug, der durch Gitarrengejaule unterstrichen wird. Und das Muster wird beibehalten, auch wenn der Song später sein Tempo verdoppelt. Das mag abwertend klingen, aber es täuscht, denn ich mag das Stück sehr, alles daran ist schief und disharmonisch, angefangen beim Sprechgesang bis zu den wirklich Gänsehäute des Unwohlseins verursachenden Gitarrensounds, und es macht trotzdem auf seltsame Art und Weise Spaß. So muß sich jemand fühlen, der sich beim Sex freiwillig auspeitschen läßt.
Dann darf das Thema "Zweiter Weltkrieg" mal wieder ran: eine Gitarre schreddert im Hintergrund vor sich hin, eine zweite steigt mit demselben Geschredder ein, dann kommt Lombardo und drischt den Rhythmus auf der Snare, um wiederum in einen erstaunlich entspannt dahinrollenden Groove zu verfallen. "Behind The Crooked Cross", hinter dem Hakenkreuz also, wo laut Text durch Ströme von Blut gewatet wird und penibel Kriegsbilder beschrieben werden, bevor dann relativ unerwartet (und songtechnisch leider auch etwas ungeschickt) ein Break hereinschneit und wieder losgeknüppelt und- gegniedelt wird, bis die Kühe heimkommen.
Hatte der Song vielleicht außer einer puren Zustandsbeschreibung eine kritische Komponente, die man nur mit gutem Willen erkennen konnte, wenn man es wollte, kann man diese "Mandatory Suicide", welches Tom Araya bei Konzerten gerne mal ironietriefend "Our friends that made it back alive from the Persian Gulf" widmet (sehr schön nachzuhören auf der "Live- Decade Of Aggression"- Platte von 1991) nun wirklich nicht absprechen. "It's a song about choice, the ultimate sacrifice", ein Midtempostück mit charakteristischem Gitarrenhook, in dem Tom Araya gegen Ende mit Grabesstimme ein Vietnamkriegsszenario aus Blut, Tod und Verstümmelung beschreibt, während die Gitarren über dem stoischen Schlagzeugspiel Geräusche erzeugen, die wohl Luftangriffe und Granateinschläge simulieren sollen. Jedem Kriegsfreiwilligen ins Stammbuch geschrieben.
Damit endet die (für mich) überragende erste Hälfte, die zweite schwächelt leider etwas. Mit dem honkigen "Ghosts Of War" konnte ich seltsamerweise nie wirklich was anfangen, außer mit dem Schlußpart, wo (anders als bei den vorherigen Stücken) das Tempo herausgenommen wird und die Gitarren schwer vor sich hinfrikassieren. Aber das Anfangsgeholze in Radioweckerlautstärke, das plötzlich mit einem hereinknallenden Riff doppelt so laut wird (ein Trick, den QUOTSA auf dem "Songs For The Deaf"- Opener nochmal aufgegriffen haben) hat mich nie wirklich gepackt, und der Text ist doof.
Also schnell weiter zu "Read Between The Lies", einer schonungslosen Abrechnung mit Fernsehpredigern zu einer Zeit, als man mit dem Thema noch richtig Ärger kriegen konnte, bevor es im Mainstream angelangte und sogar Genesis mit "Jesus He Knows Me" (ich oute mich in diesem Rahmen mal kurz dahingehend, daß ich das Video dazu sehr witzig finde... und der Song ist sooo schlecht auch nicht) 1991 einen Hit bescherte. Also waren Slayer schon drei Jahre früher damit am Start, und zwar mit einem ungewöhnlich vertrackten Midtempostück, weit entfernt davon, headbangtauglich zu sein, rhythmischem Sprechgesang (womit Tom Araya später ja noch öfter überrascht hat) fernab von jeglichem Crossover und folgendem Text:

"Evangelist you claim God speaks through you,
Your restless mouth full of lies gains popularity.
You care not for the old that suffer,
When empty pockets cry from hunger.

Penniless from their generosity,
Sharing their money to quench your greed.
Searching for the answer to their prayers
They cry their last wish of need.
Save me.

His spirit lives and breathes in me.
The almighty transformed to your screen.
The meanings lost in its translation,
No holy words, describe his deception.

You say you'll help us find the lord,
Tell me preacher how do you know
A simple quest for a visible savior,
To lead us through our final prayer.
Save me.

Send your donations,
Contribute to the cause.
Luxuries,
Your righteous reward?

Praise the lord, praise god,
Is what you wish to sell.
There is no heaven without a hell.

LEAD: HANNEMAN

In your mind's eye could you truly believe,
That by giving you can save your soul,
Could you be so naive!
You heal the sick,[you] raise the dead,
You blind the congregation
With the things you say.

Religious blackmail a deceit of trust,
That death will come and all will be lost.

Can you hear the serpents call,
Look deep in those deceiving eyes.
Ignore the writing on the wall,
You should read between the lies.

When doubt subsides his honesty,
An inquiry, is it blasphemy?
Impure the soul, that's made to suffer,
No sermons left to hide or cover,
An empty promise, lie unfulfilled,
To steal a dream or get it killed.
They claim your trip to heavens nearby,
you my believe it but Satan wouldn't lie."


Das hat gesessen, und abgesehen von den albernen Satanismen, die aber wohl damals zum Standardprogramm gehörten, kann man das wohl kaum besser auf den Punkt bringen.

Ich las mal ein Interview mit Tom Araya, in welchem er meinte, daß ihm "Cleanse The Soul" heute eher peinlich ist. Laut ihm wollte er einfach mal wieder einen Song schreiben, und heraus kam ein Schnellschuß mit einem lächerlichen Text. Das könnte man fast so stehenlassen, obwohl der Song durchaus seine Momente hat, vor allem das shreddernde Intro finde ich grandios. Aber im Vergleich zum Rest des Albums schmiert er halt wirklich eher ab (es wird halt reichlich unoriginell durchgeknüppelt), genauso wie das nachfolgende Judas- Priest (!)- Cover "Dissident Aggressor",wahrscheinlich auf Kerry Kings Mist gewachsen, da er ja bekanntermaßen großer Priestfan ist. Wobei der Song in ihrer Bearbeitung schon wie etwas eigenes klingt, aber das macht diesen Stampfer mit dem albernen "Stand! Fight!"- Refrain auch nicht so wirklich gut. Beide Songs werden von mir zwar immer gerne mitgenommen, wenn die Platte bei mir durchläuft, aber bewußt anwählen tue ich sie eigentlich nie.
Dafür folgt zum Abschluß noch einmal ein echtes Highlight:

"Spill The Blood".
Ein unheilvoll dahinplinkerndes Gitarrenintro, bevor man dann unter einer umstürzenden Schrankwand begraben wird. Ähnlich wie der Opener ein langsamer Song, in dem sich sogar ein feiner Gitarrenmelodiebogen findet, aber viel düsterer, zäher, schleppender, und um einiges schiefer gesungen. Ein würdiger Abschluß einer (trotz dreier schwächerer Songs) großartigen Platte, deren gute Stücke es mühelos in jede meiner Bestenlisten schaffen würden.

Damit wäre ich am Ende... diesmal habe ich ja kein sonderlich konsensträchtiges Album ausgewählt, darum auch die relativ lange Einleitung im Vergleich zur eigentlichen Besprechung (wobei ich für mich der Meinung bin, daß es nicht zwingend notwendig ist, jede Platte in ihre Bestandteile zu zerlegen). Ich hoffe, ich konnte damit auch Metalhassern zumindest mal nahebringen, warum mir diese Band und speziell dieses Album dermaßen wichtig sind.

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