Mittwoch, 30. November 2011

Wie wir die Welt retten

Ach, es wäre doch schön, ein wirklich politisch korrekter Mensch zu sein, wären diese nicht manchmal dermaßen unerträglich.
"Fareus" heißt die Seite, auf die man stößt, wenn man sich in sozialen Netzwerken in irgendeiner Form gegen Rechts engagiert.

- Politisch Korrekt –Gegen Rechtsextremismus,Zionismus, Antisemitismus, Islamophobie, Menschenhass
heißt es da vollmundig, und es wird in- nach dieser Ankündigung erwartbarer- Schwarz- Weiß- Malerei mal wieder versucht, die Menschheit zu retten, indem man sich ein Weltbild zurechtzimmert, in das nur hineinpaßt, was man vorher nicht kurz und klein schlagen muß, weil auch nur ein Eckchen übersteht.
Will heißen: Dogmatismus praktizieren, ohne die eigene Meinung auch nur einmal ansatzweise zu hinterfragen.
Heraus kommt das übliche politische Sektierertum, das nur zwischen zwei Sorten Menschen zu unterscheiden weiß: die Guten und die Bösen. Und jedem, der auch nur ansatzweise die Fähigkeit zu differenzierter Auseinandersetzung hat und sich nicht wie bei der Essensausgabe in einer Schlange anstellen will, an deren Ende politische Schubladen verteilt werden, kann dabei nur grausen.

Als Watschenaugust muß die- zugegeben- mittlerweile relativ unerträgliche Kristina Schröder herhalten, deren Kürzung von Mitteln für Initiativen gegen Rechts reichlich undifferenziert und realitätsfremd erscheint; deren weiteres Beharren darauf unter den momentanen Umständen einfach nur skandalös ist und eine Unfähigkeit zeigt, über den parteipolitischen Tellerrand (fünf Euro ins Phrasenschwein) hinauszublicken.
Aber muß man sie auch völlig undifferenziert in die Ecke stiller Nazisympathisanten stellen und in einer Art und Weise auf sie eindreschen, die einfach nur plump wirkt? Das geschieht, indem man nämlich versucht, alles in einem Abwasch zu erledigen und sie auch gleich als Islamhasserin (ein gerne genommener Vorwurf) zu überführen. Denn man wird zu einem Magazin namens (Achtung! Wortspiel!) "Migazin" verlinkt, das zum Thema "Zwangsheirat" konstatiert:

"Die Befürchtung, dass eine Erhebung der Religionszugehörigkeit Anlass für Missverständnisse [...]werden könnte, war sowohl im Beirat als auch im Rahmen des wissenschaftlichen Workshops ausdrücklich Thema. Leider bestätigt sich diese Befürchtung durch den genannten FAZ-Beitrag, in dem Frau Ministerin Schröder behauptet, dass „nach Angaben der Betroffenen 83,4% der Eltern Muslime seien“. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch, denn Betroffene von Zwangsverheiratung sind zu keiner Zeit im Rahmen dieser Studie direkt befragt worden. Es handelt sich bei der genannten Zahl vielmehr um das Ergebnis einer Befragung von Menschen, die in Beratungseinrichtungen tätig sind; diese sollten im Jahre 2009/2010 Auskunft über Fälle von (angedrohter) Zwangsverheiratung im Jahr 2008 geben.

Es ist nicht bekannt, ob die Beraterinnen und Berater in der Praxis die Religion der Eltern abgefragt haben, ob sie im Nachhinein versucht haben, sich zu erinnern, oder ob sie bloße Vermutungen äußern. Daher wäre die richtige Formulierung „Beraterinnen und Berater gaben an, dass sie davon ausgehen, dass 83,4% der Eltern der Betroffenen vermutlich muslimischer Herkunft sind“. Wer solche Differenzen als beiläufig abtut, spricht empirischen Studien implizit jeden Sinn ab. Man kann sich die Mühe dann lieber gleich sparen. Darüber hinaus ist auch die genannte Zahl mit Vorsicht zu genießen, denn sie sagt nichts darüber aus, welchen Stellenwert Religion im Alltag bzw. im Handeln gespielt hat."


Es stimmt: die Praxis der Zwangsheirat ist auch im Christentum eine durchaus gängige und somit jeglicher Versuch, eine Verbindung zum Islam herzustellen, das Verhalten eines Phobikers und Rassisten.
Die Methode der Gleichstellung von Islamkritikern jeglicher Ausrichtung mit Rechtsextremisten läßt sich an folgendem Beispiel wunderbar ablesen:

um den Vorwurf der zunehmenden Islamophobie zu untermauern, werden unter der Überschrift "Islamkritik" auf Fareus besonders beknackte Zitate aus dem Internet gepostet.
Nur stammen diese in erster Linie von einer auch in anderen Belangen als schlechtes Beispiel zitierten Website namens "PI" mit einem hauptsächlich von allerlei dämlichem Seich ablassenden Dumpfbacken frequentierten Forum.
Das tutet ungefähr in dasselbe Horn, als würde man jüdischen Mitbürgern anhand von Zitaten aus einem NPD- Forum beweisen wollen, daß alle Deutschen Antisemiten seien.

An anderer Stelle wird dafür unter folgender Überschrift- abgesehen von einem unauffälligen Wikipedialink ohne Hintergrundinformationen- ein Videoausschnitt des "Nation Of Islam"- Führers Louis Farrakhan eingestellt:

Louis Farrakhan erteilt den versammelten Vertretern der Mainstream-Presse während einer Werbepause eines Radio-Senders, eine gehörige und verdiente (und teilweise auch angekommene) Standpauke.
Die Gesichter der Angesprochenen sprechen Bände.
So einen Kämpfer wie Farrakhan bräuchten wir hier in Deutschland auch, denn eigentlich hätte der gesamte Medienapparat der Welt diese Ansprache nötig.
Dieses Video sollte Pflicht für jeden Medienschaffenden sein.


Die Hervorhebung stammt von mir. Farrakhan, also.

Eben genau dieser:

Seine in zahlreichen Interviews und Reden propagierte Ideologie wird von vielen Menschen als rassistisch angesehen. Farrakhan propagierte nachdrücklich die Rassentrennung. Weiße - so angeblich Farrakhan - seien das Produkt genetischer Experimente, die von schwarzen Wissenschaftlern ausgeführt wurden. Sie würden 6.000 Jahre lang die Erde beherrschen, bis sie 'von den schwarzen Göttern zerquetscht würden'. Er verbreitete antisemitische Gedanken und zitierte Adolf Hitler[1] als leuchtendes Beispiel.

1986 wurde ihm als persona non grata die Einreise nach Großbritannien verboten, ungeachtet verschiedener Versuche, dieses Verbot anzufechten. Farrakhan war Initiator, Organisator und Redner beim Millionen-Mann-Marsch 1995 in Washington. 1996 wurde ihm der Internationale Gaddafi-Preis für Menschenrechte verliehen.


Das stammt aus Wikipedia, wo lustigerweise ja auch hinverlinkt wird, ohne auf diese Ungeheuerlichkeit auch nur mit einem Wort hinzuweisen (wer sich mehr mit dem Thema "Nation Of Islam" und "Farrakhan" beschäftigen möchte, dem sei einfach nur die in Zusammenarbeit mit Alex Haley entstandene Autobiographie von Malcolm X empfohlen).

Immerhin erhielt er den Gaddafi- Preis für Menschenrechte. Das KANN kein schlechter Mensch sein, denn Negersmann und Moslem in einer Person paßt wie hineingegossen ins kunterbunte Weltbild unserer moralisch integren Vorkämpfer.

Aber der Höhepunkt ist folgendes Zitat unter der Überschrift "Geistige Brandstifter", in der diverse "islamophobe" Aussprüche aufgeführt werden, um natürlich ohne Links einen Gesamtzusammenhang mit dem Zeitgeschehen herzustellen. Neben eindeutigen Fällen wie Thilo Sarrazin findet sich dort folgendes:


"Nicht die Moschee, der Islam ist das Problem!"

Ralph Giordano


Ein Deutscher jüdischen Glaubens, der in seiner Kindheit zu den Verfolgten des Naziregimes gehörte, ist also geistiger Mitvorbereiter der jetzigen Neonazimordserie?

Das Leben ist doch eines der Schönsten.

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